Traumdeutung ist vermutlich fast so alt wie die Menschheit. Viele alte Kulturen sahen in den Träumen Prophezeiungen für die Zukunft, die dem Menschen von den Göttern übermittelt wurden.
Bereits die alten Ägypter sollen an die heilende Kraft der Träume geglaubt haben. Das Hieratische Traumbuch, das vor rund 4000 Jahren entstand, schildert etwa 200 Traumbilder und erläutert sie. Von diesem ersten „Traumlexikon“ ist heute eine fragmentarische Abschrift erhalten.
Auch im antiken Griechenland setzte man sich intensiv mit dem nächtlichen Traumgeschehen auseinander: Hippokrates nutzte die Traumdeutung zur Diagnose von Krankheiten, da er sich sicher war, dass sich diese im Traum vorankündigten. Das Traumbuch des Artemidoros „Oneirokritika“ gewährt einen interessanten Einblick in den Aberglauben der antiken Welt.
In der Bibel spielen Träume ebenso eine große Rolle. Berühmt ist der Traum des Pharao, der von Josef gedeutet wird und in dem dieser die sieben guten und die sieben schlechten Ernten prophezeit. Papst Gregor II (715 – 731) allerdings machte der Traumdeutung den Garaus und verbot sie unter Todesstrafe. Obwohl Traumsymbolbücher im Mittelalter eine wahre Blüte erlebten, konnte das Deuten von Träumen auf dem Scheiterhaufen enden.
Während der Zeit der Aufklärung geriet die „Oneirologie“, wie die Traumdeutung auch genannt wird, in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert erwachte das Interesse an den nächtlichen Träumen wieder. Heute verbindet man zuerst den Namen Sigmund Freuds mit der Traumarbeit. Er betrachtete das Traumgeschehen als Zugang zum Unbewussten und machte Träume zu einem festen Bestandteil seiner Psychoanalyse und der tiefenpsychologisch fundierten Therapie.
Sigmund Freud entdeckte den Traum als Botschaft seines Unbewussten in seinem berühmt gewordenen Traum „Irmas Injektion“. 1895 erschien ihm nachts in einem Traum seine Patientin Irma. Im realen Leben ging es dieser Patientin sehr schlecht und Freuds Behandlung zeigte wenig Erfolg. Im Traum nun stellte sich heraus, dass ein befreundeter Arzt Irma vor einigen Tagen eine Spritze verabreicht hatte. Diese Injektion hatte Irmas schlechten Zustand ausgelöst. Im Wachzustand analysierte Freud seinen Traum und gestand sich ein, dass er, um nicht verantwortlich für Irmas Leiden zu sein, die Schuld im Traum auf seinen Freund schob. Sein Traum drückte den Wunsch aus, an Irmas Leiden unschuldig sein.
Freuds Buch „Die Traumdeutung“ erschien 1899 und wurde später auf 1900 vordatiert. Darin ist zu lesen, dass jeder Traum einen oder mehrere verborgene Wünsche ausdrückt, die man sich mit der Technik der freien Assoziation erschließen kann. Heute wird häufig kritisiert, dass Freud nahezu jede Art von Traumsymbol sexuell deutete: Jedes längliche Objekt als Penis, jedes Gefäß, jede Höhle, jeden Tunnel als weibliche Genitalien.
Carl Gustav Jung, Freuds Schüler, sah im Traum nicht so sehr die verdrängten Wünsche als vielmehr die Möglichkeiten, die sich dem Träumenden darin aufzeigen. Freuds und Jungs Deutungsansätze lassen sich gut kombinieren und ergänzen sich.
Auch andere Therapieformen wie das Psychodrama, die Gestalttherapie und die kognitive kognitive Verhaltenstherapie arbeiten heute mit Träumen. Jenseits des Fachgebiets der Psychologie galten Träume lange lediglich als Abfallprodukte des Tages. Sie zu deuten hielt man für esoterischen Hokuspokus. Erst im letzten Jahrzehnt wurden sie zunehmend auch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.
Letzte Aktualisierung am 10.02.2017.