So empfinden es zumindest die gering idealistisch ausgeprägten Menschen, denen „Blut ist dicker als Wasser" ein klarer Begriff ist. Vielleicht würde so manch ein Anti-Idealist sein letztes Hemd dem eigenen Vater, Sohn oder der eigenen Frau opfern, denkt allerdings nicht im geringsten daran, sich für eine Hilfsorganisation zu engagieren, die das Wohl der afrikanischen AIDS-Patienten im Sinn hat. So mancher Realist spendet auch gern den einen oder anderen Euro dem Kindergarten oder der Schule im Ort, verschwenden aber keinen Gedanken an Kinderarbeit in China. Es ist keineswegs so, dass ein Realist nicht über den Tellerrand hinaus blicken kann, oder Ungerechtigkeiten und soziale Unstimmigkeiten ignoriert. Vielmehr vertritt er die Ansicht, dass man anderen Menschen nur dann helfen kann, wenn man sich selbst vorher hilft. Mit anderen Worten, so lange es hilfebedürftige Situationen im eigenen Land, im eigenen Ort oder gar im eigenen Bekanntenkreis gibt, sind Menschen in weiter entfernten Gebieten hinten anzustellen.
Teilweise mögen sogar die Ansichten bezüglich der Gerechtigkeit und Lebensumstände eher kaltherzig erscheinen, wenn etwa ein Realist die Ansicht vertritt, dass es besser ist, wenn ein chinesisches Kind aus armen Verhältnissen Geld verdienen kann, als wenn es auf offener Straße verhungert.
Für das allgemeine persönliche Wohlempfinden wäre ein realistisch veranlagter Mensch keineswegs dazu geeignet, sich sozialdenkenden und idealistisch veranlagten Menschen anzupassen. Ein Realist wird sich daher auch lieber mit rationalen Menschen umgeben, statt sich mit einem scheinbar völlig unrealistischen sozialengagierten Menschen auseinandersetzen zu müssen. Letzterem zu entgehen, erspart ihm so manche Kopf- oder Magenschmerzen!
Letzte Aktualisierung am 12.09.2011.