Der Begriff der Zweckreaktion findet sich bereits in der Literatur von Psychiatern des 19. Jahrhunderts. Heute werden Zweckreaktionen auch beschrieben im Rahmen sogenannter artifizieller (überwiegend bewusst herbeigeführter) Störungen.
Als Zweckreaktion wird in diesem Zusammenhang ein Entwickeln psychischer Krankheitssymptome beschrieben, die einem bestimmten Zweck dienen sollen. Beispielsweise können es die Symptome Menschen ermöglichen, realen psychischen Belastungssituationen zu entfliehen und sich sozusagen in eine Krankheit zu flüchten. So wurden beispielsweise in Kriegszeiten Fälle dokumentiert, in denen Soldaten psychiatrische Symptome zeigten, um lebensgefährlichen Kampfsituationen entkommen zu können. Die Grenzen zwischen bewusst herbeigeführten Symptomen (beispielsweise durch Selbstverletzungen oder Substanzmissbrauch) und Simulationen sind dabei fließend. Zu beobachten sind Zweckreaktionen außerdem beispielsweise bei Strafgefangenen oder auch bei Flüchtlingen, die Bestrafungen entkommen möchten. Auch verfolgen einige Menschen nach erlittenen Unfällen mit Fremdschuld das Ziel, hohe Entschädigungssummen zu erhalten, indem sie herbeigeführte Symptome als Unfallfolge geltend machen.
Eine artifizielle Störung ist weiterhin beispielsweise das Münchhausen-Syndrom. Das Münchhausen-Syndrom charakterisiert sich unter anderem dadurch, dass Betroffene durch vermeintliche oder herbeigeführte Erkrankungen oder Verletzungen Aufmerksamkeit und medizinische Fürsorge auf sich lenken möchten. Entweder geben sie eigene Symptome vor oder rufen sie hervor oder sie tun Gleiches bei Schutzbefohlenen - häufig sind dies die eigenen Kinder. Im letzteren Fall spricht man auch vom Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.
In der Regel zeigen Personen mit einer artifiziellen Störung auch weitere psychische Problematiken.
Letzte Aktualisierung am 08.09.2011.