Wenn ein Mensch eine starke Angst hat, die sein Leben sehr beeinflusst, so handelt es sich um eine Angststörung. Meist ist die Angst an sich unbegründet. Die Angststörung steht im Gegensatz zur normalen Reaktion der Angst bei gefährlichen Gegebenheiten. Angststörungen gibt es in mehreren Formen. Weit verbreitet sind die Phobien, also übermäßige Ängste gegen meist harmlose Auslöser. Bei Panikstörungen bekommen Betroffene Anfälle von Panik ohne äußeren Grund. Generalisierte Angststörungen sind langandauernde, unspezifische Ängste. Alle Angststörungen können sich sehr stark auf das Leben auswirken, beispielsweise zur Vermeidung von bestimmten Situationen oder zur Berufsunfähigkeit führen. Zur Behandlung der Angststörungen eignet sich in den meisten Fällen eine Verhaltenstherapie, doch auch andere psychotherapeutische Maßnahmen sowie Medikamente können zum Einsatz kommen.
Eine Angststörung kann sich aus verschiedenen Gründen entwickeln. Es gibt einige Erklärungsmodelle für die Entstehung. So kann eine sonst harmlose Situation mit einer angstbehafteten Gegebenheit zusammenfallen. Dies kann eine Art Lernprozess darstellen, so dass beim nächsten Mal in dieser Situation erneut Angst verspürt wird. Manche Angstpatienten erlernen die Angst auch von den Eltern oder anderen Bezugspersonen. Ebenfalls gibt es Angstpatienten, die von vornherein eine Situation vermeiden und deshalb immer mehr Angst davor bekommen - ohne zu wissen, ob sie begründet ist. Eine Phobie kann außerdem dadurch entstehen, dass ein innerer Konflikt des Patienten nach außen auf ein bestimmtes Objekt gerichtet wird, das nun als angstmachend erlebt wird.
Teils lässt sich Angst auch durch biologische Vorgänge im Nervensystem erklären. Wenn das Nervensystem leicht zu erregen ist, gewisse Hirnareale verändert sind und das Verhältnis der Botenstoffe abweicht, kann eine Angststörung daraus resultieren.
Angststörungen können zu psychischen und auch körperlichen Symptomen führen. Die Angst kann spezifisch oder ungerichtet sein. Eine Angststörung gegen etwas Bestimmtes ist eine Phobie, während die Panikstörung und die generalisierte Angststörung zu den unspezifischen Angststörungen zählen. Angststörungen sind Neurosen, ebenso wie die Zwangsstörungen.
Phobien sind sehr weit verbreitet. Unzählige Arten an Phobien sind denkbar, von denen manche aber besonders oft auftreten. Jede Phobie ist eine unverhältnismäßig große Angst gegen ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Situation. Andere Menschen haben üblicherweise keine oder nur geringe Angst davor. Der Patient mit der Phobie versucht den Auslöser zu vermeiden.
Bedeutende Phobien sind beispielsweise:
Eine andere Angststörung ist die Panikstörung. Es kommt zu Anflügen von Angst ohne konkreten Anlass, die meist einige Minuten vor sich gehen. Die Anfälle treten mehrfach auf. Während der Attacke zeigen sich körperliche Symptome wie Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Benommenheit. Dies kann die Angst verstärken, denn der Betroffene denkt an eine körperliche Ursache.
Eine generalisierte Angststörung ist eine dauernd vorhandene unspezifische Angst. Die generalisierte Angststörung tritt oft zusammen mit anderen Angststörungen oder Depressionen auf. Typisch ist eine Lebensangst und Zukunftsangst. Weil die Betroffenen viel grübeln, können sie schlecht schlafen. Wenn tatsächliche Gefahren vorhanden sind, haben Betroffene ebenfalls stärkere Angst als andere Personen. Auch bei der generalisierten Angststörung treten körperliche Symptome wie Schwitzen, Zittern oder Schwindelgefühl auf. Manchmal dominieren sie so stark, dass körperliche Ursachen vermutet werden.
Zur Diagnose erfolgt ein Untersuchungsgespräch durch den Arzt (Anamnese). Der Patient schildert genau seine Ängste und Begleitsymptome. Es ist wichtig zu wissen, zu welchem Anlass die Ängste größer werden und ob sie so stark sind, dass sie das Alltagsleben beeinträchtigen. Der Arzt fragt nach der Vorgeschichte, nach möglichen Ursachen sowie nach dem Gebrauch von Suchtmitteln wie Drogen, Medikamenten oder Koffein. Der Arzt muss herausfinden, ob eine andere Störung wie eine Depression für die Angststörung verantwortlich ist. Es kann aufschlussreich sein, mit Angehörigen des Patienten zu sprechen. Der Arzt beobachtet während des Gesprächs, ob der Patient ein auffälliges Verhalten zeigt. Fragebögen zur Angst können der besseren Beurteilbarkeit der Störung dienen.
Neben der psychiatrischen Diagnose können auch körperliche Untersuchungen notwendig sein. So kann es sinnvoll sein, Blut abzunehmen, ein Ultraschall durchzuführen oder eine andere bildgebende Untersuchung (Computertomographie/CT, Kernspintomographie/MRT) vorzunehmen.
Zur Therapie der Angststörungen kommen vor allem eine Psychotherapie (häufig Verhaltenstherapie) und Medikamente in Frage.
Die Verhaltenstherapie ist meist geeignet als psychotherapeutisches Verfahren gegen die Angst. Die Auseinandersetzung mit dem Auslöser (Reizkonfrontation) ist ein wichtiges Mittel der Therapie, da ein Vermeidungsverhalten die Angst nicht geringer macht. In einer Konfrontationstherapie wird dazu der Patient in die angstmachende Lage gesetzt, um die Angst aufgrund der Gewöhnung zu vermindern oder ganz zum Verschwinden zu bringen. Eine „sanfte" Konfrontation mit erst geringem, dann immer stärkerem Reiz heißt systematische Desensibilisierung. Wenn dagegen direkt mit einem starken Angstreiz gearbeitet wird, handelt es sich um eine Therapie mittels Reizüberflutung. Eine weitere Möglichkeit der Psychotherapie besteht darin, die negativen Grundeinstellungen oder Kognitionen zu verändern (Kognitive Therapie).
Verschiedene andere psychotherapeutische Maßnahmen können sinnvoll sein, ebenso Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Biofeedback oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Im Übrigen können einfache Maßnahmen wie der Gang zur Selbsthilfegruppe nützlich sein.
Gegen die Angststörung können Medikamente gegeben werden. Zu den Mitteln gehören Antidepressiva, SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) sowie ferner auch Benzodiazepine. Bei den Medikamenten müssen die möglichen Nebenwirkungen beachtet werden. Vor allem Benzodiazepine sollten niemals ohne Verordnung durch den Arzt genommen werden.
Mit der richtigen Therapie können Angststörungen meist deutlich abgebaut werden. Eine frühzeitige Behandlung erhöht die Erfolgsaussichten. Ohne Behandlung kann die Angststörung aber dauerhaft bestehen bleiben oder stärker werden, insbesondere bei Vermeidung des Auslösers. Folgen wie eine Vereinsamung oder Suchterkrankungen sind möglich.
Letzte Aktualisierung am 01.06.2021.