Die Milieutherapie ist das Konzept, eine Gruppe von Menschen für einen begrenzten Zeitraum in einer künstlichen Familie zusammenleben zu lassen. Die Organisationsform kann im Speziellen als Therapeutische Gemeinschaft bezeichnet werden. Ein Team aus Sozialarbeitern und Therapeuten betreut die Patienten.
Die Milieutherapie bietet den Mitgliedern eine zuverlässige Struktur und ein soziales Umfeld unter fachlicher Leitung mit Rechten, Aufgaben, Therapiemaßnahmen und Freizeitaktivitäten. Der Einzelne kann soziale Fähigkeiten aufbauen und durch die Gruppendynamik auch von den anderen Beteiligten lernen. Die Milieutherapie mit psychiatrischem Ansatz ist nicht zu verwechseln mit einigen anderen als Milieutherapie bezeichneten Behandlungsverfahren. Eine abweichende Form der Milieutherapie wird in der Geriatrie (Altenmedizin) bei Patienten mit Demenz (geistigem Verfall) genutzt.
Die Milieutherapie und die Therapeutische Gemeinschaft werden in der Psychiatrie bei mehreren Arten von Störungen eingesetzt. Zu den Anlässen für die Milieutherapie gehören:
Oft ist die Milieutherapie ein Mittel in psychiatrischen Kliniken mit stationären Patienten oder in anderen Einrichtungen wie Heimen oder sozialtherapeutisch orientierten Justizvollzugsanstalten.
In der Milieutherapie wird genutzt, dass das soziale Umfeld einen Einfluss auf die Psyche, auf die Denkweise und das Verhalten ausübt. In der Regel leben die Patienten in der Milieutherapie für eine gewisse Zeit in einer sozialen Gemeinschaft, die von einigen Mitarbeitern der Einrichtung betreut wird. Die Gruppe wird auch Therapeutische Gemeinschaft genannt. Die Wohngruppe kann in einer psychiatrischen Klinik sein, aber auch in einem Heim, einer Justizvollzugsanstalt oder in einer Ferienwohnung als Urlaub.
Die Milieutherapie geht bei der Entstehung von psychischen Störungen in vielen Fällen von einer ungünstigen, konfliktreichen kindlichen Entwicklung aus. Wenn eine Person in der Kindheit bestimmte Fähigkeiten nicht erlernt, kann dies zu Schwierigkeiten bei den Emotionen sowie im Denken und Verhalten führen.
Diese Defizite werden in der Milieutherapie dadurch angegangen, dass der Patient in ein anderes, vorteilhaftes soziales Umfeld gesetzt wird. Er lebt mit anderen Menschen zusammen in einer möglichst günstigen Umgebung. Die Struktur innerhalb der Milieutherapie gibt den Patienten einen Halt. Schlechte Einflüsse werden draußen gelassen. Den Teilnehmern werden Grenzen gesetzt, aber auch Anerkennung und Wertschätzung gegeben. Sie werden motiviert, etwas zu tun. Im Vordergrund steht das gemeinsame Handeln. Sie bekommen einen geregelten Tagesablauf, können aber auch in vielen Punkten mitbestimmen und ihre Freizeit selbst gestalten. Die Patienten erlernen soziale Fähigkeiten und Regeln für das Leben und Zusammenleben. Sie können trainieren, Konflikte zu verhindern oder abzubauen. Das Selbstwertgefühl der einzelnen Patienten kann gesteigert werden.
Jeder Patient hat eine bestimmte Bezugsperson aus dem Mitarbeiterteam. Zu dem Team gehören Personen wie Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter sowie auch Lehrer und Hausmeister. Auch die Räumlichkeiten und die Ausstattung sollen angenehm für die Beteiligten sein und ihnen Geborgenheit geben. In der Zeit der Milieutherapie erfolgen auch therapeutische (wie verhaltenstherapeutische, psychoanalytische, gruppentherapeutische) Maßnahmen. Ebenso können pädagogische Mittel vorgenommen werden oder Hilfen zur Eingliederung in einen Beruf. Letztendlich soll der Betroffene selbstständig leben können und mögliche Probleme alleine bewältigen können. Die Persönlichkeitsentwicklung soll gefördert werden.
Die therapeutische Gemeinschaft besteht für einen bestimmten Zeitraum, häufig zwischen einer Woche und vier Wochen. Die beteiligten Menschen wohnen in dieser Zeit zusammen.
Der Tagesablauf ist geregelt und beinhaltet Pflichten und sinnvolle Freizeitaktivitäten. Ein häufiges Element ist eine handwerkliche Arbeit. Meist führen die Mitbewohner die alltäglichen Tätigkeiten wie Putzen oder Kochen selbst durch.
Sie trainieren, in der Gruppe zurechtzukommen. Abends erfolgen dann Gespräche mit den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft und den Betreuern. Darin werden wichtige Punkte aus dem Tagesgeschehen und dem Zusammenleben besprochen.
Bei dem Konzept der Milieutherapie treten im Allgemeinen nur geringe Risiken in Erscheinung. Vereinzelte Patienten können sich nicht genügend in die Gruppe integrieren und zu Problemen führen. Bei verschiedenen Maßnahmen wie eingesetzten Psychotherapieverfahren können weitere Risiken bestehen. Als problematisch wird des Weiteren beschrieben, dass der Begriff Milieutherapie nicht einheitlich umgesetzt wird und es deshalb Qualitätsunterschiede geben kann.
In vielen Fällen kann das Verfahren der Milieutherapie beziehungsweise die Therapeutische Gemeinschaft den Patienten helfen. Die Methode unterstützt die Patienten im Allgemeinen dabei, sich in das gesellschaftliche Leben zu integrieren, soziale und weitere Kompetenzen zu lernen. Die persönliche Entwicklung schreitet meist voran.
Psychische Störungen können oft abgebaut werden. Der Vorteil der Milieutherapie ist der umfassende Ansatz des Konzeptes. Nicht bei allen Patienten kann jedoch eine Milieutherapie erfolgreich eingesetzt werden. Es kann nach der Therapie zu einem Rückfall in alte Verhaltens- und Denkmuster kommen.
Der Ablauf der Milieutherapie variiert von Einrichtung zu Einrichtung. Patienten und Angehörige sollten sich vorher nach der Handhabung erkundigen. Die Bezahlung der Therapieform ist unterschiedlich geregelt, der Patient sollte sich diesbezüglich informieren.
Letzte Aktualisierung am 25.05.2021.