Eine Atemtherapie dient einerseits der Behandlung von Atemwegserkrankungen, andererseits wird sie für psychologische und psychiatrische Zwecke vorgenommen. Die letztere Form der Atemtherapie oder auch Atempsychotherapie ist eine alternativmedizinische Methode, um das seelische Gleichgewicht herzustellen.
Sie gehört zu den körperorientierten Verfahren. Inzwischen ist eine ganze Reihe von Atemtherapien entstanden, die sich von der Vorgehensweise her unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen der ganzheitliche Ansatz, der eine untrennbare Verbindung zwischen Körper, Seele und Geist beschreibt. So kann mit dem Atem eine psychologische Wirkung erzielt werden.
Die Atemtherapie zu psychologischen Zwecken kann im Prinzip bei den meisten Menschen eingesetzt werden. Die Methode kann allgemein der Problembewältigung, Entspannung und Selbstfindung dienen. Sie kann das Wohlbefinden steigern und kann daher auch bei Menschen erfolgen, die eigentlich keine stärkeren psychischen Probleme haben. Anlässe können verschiedene Lebensphasen sein wie persönliche Krisen oder im Rahmen der Trauerarbeit nach Verlusten. Die Atemtherapie kann eine krankheitsvorbeugende Maßnahme sein.
In der Psychiatrie kann die Atemtherapie bei den meisten Störungen angewendet werden. Depressionen und Angsterkrankungen sind typische Störungen, bei denen die Atemtherapie eingesetzt wird. Hilfreich kann eine solche Behandlung bei Stresszuständen, beim Burn-Out-Syndrom oder bei Schlafstörungen sein. Auch Essstörungen und Zwangsstörungen gehören zu den Einsatzgebieten. Die Atemtherapie ist außerdem oft anwendbar auf körperliche Störungen, die aufgrund von psychischen Problemen entstanden sind (psychosomatische Erkrankungen).
Die Atemtherapie bedient sich ganzheitlichen Methoden, was besagt, dass sie von einem engen Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist ausgehen. Dabei wird angenommen, dass von den Körperfunktionen die Atmung den stärksten Effekt auf die anderen Anteile des Menschen hat.
Das zeigt sich aus Sicht der Atemtherapeuten daran, dass das Luftholen die meiste Zeit unwillkürlich geschieht, aber dennoch bewusst ausgeführt werden kann. Der Atem kann angehalten oder tief geholt werden und des Weiteren ganz bewusst zugelassen werden.
Diverse andere Körpervorgänge hängen eng mit der Atmung zusammen. Der Einfluss erstreckt sich deutlich auch auf das zentrale Nervensystem. Atmet eine Person auf eine bestimmte Weise, kann damit also die Psyche harmonisiert werden und eine Entspannung erreicht werden.
Einige wichtige Formen der Atemtherapie sind:
Bei dieser Methode geht es um die bewusste Wahrnehmung der natürlichen, zugelassenen Atmung. Der Ausübende erhält Zugang zu seinen körperlichen und seelischen Empfindungen.
Das Intuitive Atmen ist eng mit der Meditation verbunden und soll unter anderem der Auflösung von psychischen Belastungen dienen.
Bei der Integrativen Atemtherapie geschieht das Luftholen bewusst und in einem bestimmten Rhythmus. Psychische Probleme sollen bewältigt und angenommen werden.
Ungelöste psychische Konflikte macht sich der Patient beim Rebirthing bewusst, während er auf eine bestimmte Weise atmet (zirkuläre Atmung) und sich entspannt.
Das Holotrope Atmen arbeitet mit der Atmung und anderen Vorgängen, um unbewusste Elemente zum Vorschein zu bringen und verarbeiten zu können.
Als Atemarbeit werden mehrere Ansätze bezeichnet, bekannt sind die Methoden nach Cornelis Veening und nach Herta Richter. Sie setzen die Seele und den Atem miteinander in Verbindung.
Mit dieser Methode sollen über Bewegung, Massieren und Atmen die Spannungen des Patienten gelöst werden.
Es handelt sich um eine Methode der Meditation mit Atemtechniken.
Atemübungen sind ein wichtiger Bestandteil einiger alternativmedizinischer Ansätze wie beispielsweise Yoga, Qi Gong oder Zen. Die Atemtherapie innerhalb des Yoga hat die Bezeichnung Pranayama.
Als Psychotherapie wird die Atemtherapie oft mit anderen Ansätzen verbunden. In der Regel finden dann nicht nur Atemübungen, sondern auch Gespräche zwischen Therapeut und Patient statt.
Eine Atemtherapie wird entweder mit dem einzelnen Patienten oder als Gruppenbehandlung statt. Wie viele Sitzungen vorgenommen werden, ist abhängig von der Problematik. Die Regel sind etwa 10 bis 30 Termine mit jeweils wöchentlichem Abstand, manchmal auch häufiger.
Unter Anleitung führt der Patient jeweils bestimmte Atemübungen aus. Später können die Übungen auch alleine zu Hause erfolgen. Der Patient atmet auf eine bestimmte Weise und nimmt seinen Körper bewusst wahr. Oft erfolgen nicht bloß Atemübungen, sondern auch andere körperliche Bewegungen oder bestimmte Handgriffe. Gespräche sind gleichermaßen in der Regel ein Bestandteil der Atemtherapie.
Im Wesentlichen haben Atemtherapiemethoden nur sehr geringe Nebenwirkungen. Vorkommen kann beispielsweise eine Hyperventilation (zu intensive Atmung mit Missempfindungen, Krämpfen und weiteren Symptomen). Schwere körperliche Erkrankungen können für Atemübungen ein Hindernis sein.
Bei einer Psychose (schwere psychische Störung mit verzerrter Realität) kann es zu einer Verschlechterung des Zustandes oder einer fehlenden Annahme der Therapie kommen. Werden körperliche Krankheiten mit einer Atemtherapie behandelt, dürfen eventuell notwendige schulmedizinische Behandlungen nicht vernachlässigt werden. Bei jeder Form der Atemtherapie gibt es außerdem einige spezielle mögliche Probleme.
Bei psychologisch oder psychiatrisch orientierten Varianten der Atemtherapie konnte bisher kein eindeutiger Wirkungsnachweis erbracht werden. Es gibt dennoch Hinweise, dass die Atmung eine Auswirkung auf die Seele hat und so bei der richtigen Anwendung einen positiven Einfluss ausübt. Das kann jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich sein.
Für eine richtige Anwendung der Atemtherapie ist es unabdingbar, dass der Patient für die Behandlung motiviert ist. Ob die Kosten für die Atemtherapie übernommen werden, ist bei den Krankenversicherungen unterschiedlich geregelt. Der Patient sollte Auskünfte bei seiner Versicherung einholen. Ohne eine diagnostizierte Erkrankung wird die Atemtherapie als Selbstfindungs- und Entspannungsmethode aber normalerweise nicht finanziert.
Letzte Aktualisierung am 31.05.2021.