Die Schematherapie ist ein psychotherapeutischer Ansatz, der eine Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie ist und auch andere Konzepte mit einbezieht. Grundlage der Methode bildet die Theorie, dass jeder Mensch durch Einflüsse in seiner Entwicklung bestimmte Denkmuster (Schemata) entwickelt. Diese Schemata bestimmen dann sein Erleben und Verhalten. Bei vielen Menschen haben sich durch unerfüllte Bedürfnisse in der Kindheit negative Schemata gebildet. Solche ungünstigen Schemata können zu Beeinträchtigungen im Alltagsleben bis hin zu psychischen Störungen führen. In der Schematherapie werden die Schemata aufgedeckt und können behandelt werden. Die Schematherapie kann bei Persönlichkeitsstörungen (z. B. der Borderline-Störung) und anderen schweren und lang andauernden psychischen Problemen eingesetzt werden.
Die Schematherapie kann bei verschiedenen psychischen Störungen durchgeführt werden, insbesondere wenn diese eine lange Zeit bestehen und sonst schwer zu therapieren sind. Die Schematherapie kommt bei Persönlichkeitsstörungen zum Einsatz, beispielsweise der Borderline-Persönlichkeitsstörung (eine Störung mit sozialer und emotionaler Instabilität und der Tendenz, sich selbst zu verletzen) oder der narzisstischen Persönlichkeitsstörung (Störung mit übertriebenem Selbstbewusstsein gegenüber anderen Menschen, aber geringem Selbstwertgefühl gegenüber der eigenen Person). Angststörungen und Depressionen sind weitere Erkrankungen, bei denen eine Schematherapie das geeignete Mittel sein kann. Ebenfalls kann die Methode zur Behandlung von Suchterkrankungen und Essstörungen angewendet werden.
Die Schematherapie wurde von Jeffrey E. Young, einem amerikanischen Psychologen, begründet. Young erweiterte den Ansatz der Kognitiven Verhaltenstherapie, bei dem es um die Bewusstmachung und Veränderung von negativen Grundeinstellungen und Gedankengängen des Patienten geht. Bei der Schematherapie werden unter anderem auch Analysen der Beziehungen vorgenommen, und Methoden aus der Gestalttherapie (eine Behandlung mit dem Schwerpunkt auf aktuellen Gefühlen und Wahrnehmungen), der Psychoanalyse oder der Transaktionsanalyse (Untersuchung von Kommunikationsstrukturen) kommen zum Einsatz.
Als Schema wird ein immer wiederkehrendes Gedankenmuster bezeichnet, das meist schon in der Kindheit entstanden ist. Fest gewordene Grundannahmen werden auch als Kognitionen bezeichnet. Die Schemata entstehen durch den Umgang mit den Eltern oder mit anderen Personen. Praktisch jeder Mensch entwickelt auch negative Schemata. Sie kommen durch persönliche Erfahrungen wie Maßregelungen, Kritisierung, mangelnde Zuwendung oder sogar Gewalt und Missbrauch zustande.
Von negativen Schemata sind fast alle Menschen betroffen. Sie können in bestimmten Situationen in Eigenschaften wie geringem Selbstvertrauen, Angst und Unsicherheit zeigen. Normalerweise können Menschen mit diesen Nachteilen gut umgehen, so dass sie für das Alltagsleben und die Lebensziele keine große Rolle spielen. Zum Problem kann ein Schema aber werden, wenn es das Leben und Verhalten des Menschen beherrscht. Üblicherweise werden 19 verschiedene Schemata unterschieden, die für einen Menschen zu einem Lebensproblem werden können.
Um mit den jeweiligen Schemata fertig zu werden, entwickelt die Person Bewältigungsstrategien. Grundsätzlich können für jedes Schema drei Möglichkeiten unterschieden werden, wie sich die Person in den entsprechenden Situationen verhält. Die zumeist unbewussten Strategien Erduldung, Vermeidung und Kompensation führen nicht zu einem Abbau des Schemas, sondern tragen zu der Erhaltung dieses Denkmusters bei. Das Schema kann durch die Erfahrungen sogar verstärkt werden. Daher müssen diese Mechanismen innerhalb einer Schematherapie verhindert werden.
Wichtig für die Schematherapie ist ebenfalls das Modusmodell. Ein Schema kann durch eine auslösende Situation jederzeit wieder zum Vorschein kommen. Der Betroffene befindet sich dann in einem Erlebenszustand (so genannten Modus), der einer Erfahrung aus der Kindheit entspricht.
Die Schematherapie setzt an dieser Theorie an und hat zum Ziel, mit dem Patient die individuellen Schemata zu erarbeiten und die Gründe in der Kindheit dafür zu suchen. Dann entwickeln der Therapeut und der Patient Strategien, wie die Schemata abgebaut werden können und wie dessen Einflüsse auf das Leben abnehmen können. Verschiedene Techniken kommen in der Schematherapie zum Einsatz. Der Patient soll etwa Erinnerungen an die Kindheit und die dabei auftretenden Gefühle durchleben. Es erfolgt eine Aufdeckung und Analyse des Schemadenkens. Diverse verhaltenstherapeutische Ansätze können auch in der Schematherapie verwendet werden. Wichtig ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Patienten und dem Therapeuten. Der Therapeut soll dem Patienten helfen, nachteilige Schemata und Verhaltensweisen abzubauen.
Die Schematherapie ist zumeist eine Behandlung eines Einzelpatienten, es ist aber auch eine Gruppentherapie oder Paartherapie möglich. Die Schematherapie wird in einer Reihe von Sitzungen durchgeführt, die zweimal wöchentlich vorgenommen werden können. Die Gesamtdauer richtet sich nach der Schwere der psychischen Störung und nach den Behandlungserfolgen.
Der Therapeut erforscht zunächst gemeinsam mit dem Patienten, welche Schemata vorliegen und wie sie entstanden sind. Auch mögliche Modi werden aufgedeckt und von Schemata unterschieden. Dann werden die Schemata des Patienten abgebaut. Im Laufe der Therapie werden verschiedene psychotherapeutische Methoden angewendet. Mit dem Wissen über die Gedankengänge kann der Patient selbst neue, bessere Verhaltensmuster entwickeln. Der Therapeut unterstützt ihn dabei.
Schwerwiegende Probleme mit der Schematherapie sind in der Regel nicht zu erwarten. Schwierigkeiten können sich bei der Auseinandersetzung mit schmerzhaften Vorgängen aus früheren Zeiten ergeben.
In vielen Fällen zeigt die Schematherapie zufriedenstellende Ergebnisse. Sie hat oft Vorteile gegenüber anderen Behandlungen, was unter anderem dadurch bedingt ist, dass sie ein breites Konzept ist. Nicht selten kann eine psychische Störung durch die Anwendung der Schematherapie vollständig aufgehoben werden. Sehr häufig kann eine Störung zumindest eingedämmt werden. Ein sicherer Behandlungserfolg ist allerdings nicht gegeben.
Welche Therapie noch eine Option darstellt, hängt von der jeweiligen psychischen Störung ab. Andere verhaltenstherapeutische Maßnahmen können angezeigt sein, so eine kognitive Therapie. Therapien aus anderen Richtungen sind ebenfalls denkbar. In manchen Fällen ist die Gabe von Medikamenten (Psychopharmaka) angezeigt.
Die Schematherapie ist noch keine Standardtherapie, dessen Kosten regulär von der Krankenkasse übernommen werden. Der Patient sollte sich vor der Behandlung daher auch über den finanziellen Aspekt erkundigen.
Letzte Aktualisierung am 21.05.2021.